M: Du siehst aus, wie ein Christ. Pilgerst du?
C: Ja, ich gehe zur Krippe nach Betlehem, Jesus Geburt zu erleben.
M: Pilgern ist eine gute Form religiösen Lebens. Ich bin auch ein Pilger und gehe nach Mekka zur Kaaba.
C: Was tust du da?
M: Ich gehe sieben Mal um sie herum. Sie ist für mich ein Ort des Gedenkens an Adam, Abraham und Mohamed und sehr wichtig im Leben eines Moslems. Genauso, wie die fünf Säulen des Islam.
C: Das bedeutet, Deine Religion besteht aus der Erfüllung von Vorschriften, wie Almosen geben, fünfmal am Tag beten und Fasten?
M: Ja natürlich. Doch Gebet, Fasten, Kollekte geben, also Vorschriften zu erfüllen, ist Dir ja auch nicht fremd.
C: Stimmt, die 10 Gebote sind auch Vorschriften, die mir wichtig sind. Aber wichtig ist für mich Jesus Christus. Deswegen nenne ich mich Christ.
M: Ja, für Muslime ist Christus ein wichtiger Prophet – mehr nicht.
C: Heute im Evangelium werden wir hören, wie Johannes in der Wüste Judäer und Bürger Jerusalems taufen wird. Johannes wird auch Jesus taufen, obwohl er sich dafür eigentlich zu gering fühlt. Dann wird er sagen. „Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.“ Und mit „Er“ meint er Jesus, den Jesus, zu dem ich jetzt pilgern möchte.
M: Für mich gibt es keinen Gott außer „Allah und Mohamed ist sein Prophet.“ Warum sollte sich Gott – also Jesus, der für Euch Gottsohn ist – so erniedrigen und sich von einem Menschen taufen lassen? Einen schwachen Gott, würde unsere Religion niemals zulassen!
C: Und genau deshalb pilgere ich nach Bethlehem. Ich sehe Gott dort als Baby – als kleines schwaches Kind, das uns braucht, das Maria als Mutter braucht, damit es wachsen kann.
M: Aber Gott ist groß!
C: Ja, der dreieinige Gott ist groß, weil er auch ein kleines, schutzbedürftiges Kind ist. Für uns Christen ist ein Wort sehr wichtig, das Wort Liebe. Gott ist nicht nur der allwissende und doch so ferne Gott-über-uns, nein er ist ein Gott-mit-uns. Er ist schwach, wie ein Kind, weil er stark ist. Der menschgewordene Gott ist für uns Begleiter. Ihm sind wir nicht fremd, weil er ein Mensch war. Die Ankunft dieses Kindes erwarten wir im Advent darauf freuen wir uns. Wie feiert ihr Weihnachten?
M: Weihnachten gibt es in unserem Kalender nicht. Wir feiern das Jahresende und beschenken unsere Kinder.
C: Ja, wer etwas schenkt, drückt darin seine Liebe aus. Uns hat Gott seinen Sohn geschenkt. Natürlich haben wir Christen auch religiöse Pflichten, so wie ihr. Natürlich ehren wir Gott damit, halten uns an die Gebote, geben den Schwachen Spenden und versuchen, ein Leben zu führen, dass Gott gefällt.
M: Schön, wir verehren Gott auf diese Weise auch – und das sehr treu … ich sprach ja von den fünf Pflichten des Islam.
C: Ja, das sind wichtige Rituale, die uns aus Gottesfurcht und Gott zu Ehren wertvoll sind. Doch das Lieben können und das von Gott geliebt werden – weil er uns seinen einzigen Sohn schenkt, das ist für mich als Christ etwas Wunderschönes. Das, was Du Kleinmachen Gottes nennst ist mein Zugang zu Gott. Ich bin geliebt und Gott zeigt es mir. Ich kann diese Liebe weitertragen – nicht aus der Schrift heraus, sondern, weil ich Jesus sehen und spüren kann – als Baby und in der Eucharistie. Von dieser Liebe lebe ich. Auf das Geschenk des liebenden Gottes, seinen Sohn, möchte ich mich vorbereiten. Das ist für mich Advent.