Röm.-kath. Pfarrei Hl. Mutter Teresa Chemnitz
Gemeinde St. Antonius
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Kreuz
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Der Jude – 1. Advent
 
archiv2017 advent01C:    Shalom. Ich sehe, du hast Kerzen. Pilgerst du auch nach Bethlehem?
 
J:    Nein, mein Ziel ist Jerusalem. Dort wohne ich. Betlehem hat für mich keine Bedeutung.
 
C:    Und das Licht?
 
J:    Ach das Licht? Ja, das brauche ich für Chanukka
 
C:    Chan… was?
 
J:    Chanukka – ist das Fest zur Weihe des zweiten Tempels. Einige Jahrzehnte nach unserer Rückkehr aus dem babylonischen Exil wurde der zweite Tempel errichtet. Das Fest erinnert daran. Wir feiern es im Dezember acht Tage lang und entzünden jeden Tag ein Licht. Die Kinder bekommen Geschenke. Es ist ein großes Fest.
 
C:    Das ist ja fast, wie bei uns Christen. Wir haben den Adventsleuchter und jede Woche wird ein Licht angezündet, bis wir Heilig Abend Jesus in der Krippe finden. Advent ist eine Zeit der Erwartung.
 
J:    Unsere Erwartung ist, dass der Messias den dritten Tempel errichtet und das jüdische Volk in Israel versammelt, wo es dann in Ruhe und ohne Feinde leben und glauben kann. Ich denke oft an diese wunderbare Prophezeiung.
 
C:    Und Jesus; Jesus der Jude, ist dieser Messias nicht? Akzeptiert ihr Jesus als historische Person?
 
J:    Ja, natürlich. Aber Jesus ist für uns nicht der Messias. Er erfüllt nicht die Schriften der Thora oder des Alten Testaments – die wir auch messianische Prophezeiungen nennen. Ich weiß, die Christen interpretieren die alten Texte anders, als wir.
 
C:    Das heißt, der Messias, auf den ihr wartet, kommt noch?
 
J:    Ja, wir warten noch auf ihn und bereiten uns auf seine Ankunft vor, indem wir unsere Gebote befolgen und in der Thora lesen.
 
C:    Im Evangelium heute werden wir vom Kommen des Menschensohnes hören. Dort wird geschrieben stehen: „Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird man den Menschensohn in Wolken kommen sehen, mit großer Kraft und Herrlichkeit.“ Ist das nicht der Messias, auf den ihr wartet, also Jesus am Jüngsten Tag?

J:    Das Evangelium hat für uns keine Bedeutung. Wir lesen in der Thora.
 
C:    Das Evangelium heißt und ist Frohe Botschaft. Jesus ist für uns Gottes Sohn. Er ist Mensch und Gott zugleich. Als Sohn Josephs lebte er alle jüdischen Traditionen, wurde beschnitten und im Tempel unterrichtet. Er war Jude durch und durch. Aber Jesus sagte den Menschen auch etwas Neues über Gott. Er sagte, dass eine Zeit gekommen ist, in der Gott ganz nahe zu allen Menschen kommen und sie zu einem neuen, liebevollen Leben befreien will. Und dieses Kind Jesus, das in Betlehem geboren wird – das möchte ich sehen und anbeten.
 
J:    Der Messias als Kind? Nein, das können wir Juden nicht glauben. Wir achten die anderen Religionen, weil wir denken, Gott hat mit allen Menschen einen Plan. Wir glauben, dass alle Menschen mit Gott verbunden sind und jeder im Heilsplan Gottes einen Platz hat – besonders wichtig ist Gott das Volk Israel.
 
C:    Das mit dem Heilsplan ist ein guter Gedanke. Aber woher nehmt ihr eure Hoffnung?
 
J:    Aus den Buchstaben. Wir glauben daran, dass die Erlösung der Welt kurz bevor steht. Denn Gott ist mit dem jüdischen Volk schon viele Wege gegangen. Doch wir wissen noch nicht, wer der Messias sein wird. Aber die Erwartung auf die Erlösung sind unser Glaube und unsere Hoffnung. Deshalb warten wir auf den Messias – und glauben, er kommt bald.
 
C:    Erlösung ist auch für uns ein sehr wichtiges Glaubenswort. Für uns sind die Worte Fleisch geworden: ein Kind, das wächst, wie auch unser Glaube wachsen soll und mit uns geht. Jesus wird den Kreuzestod sterben und damit uns und die Welt erlösen. Ja, Welt: ist auch ein wichtiger Begriff, denn Jesu Worte wurden in die ganze Welt getragen: durch Paulus und Petrus – den Papst – und jetzt durch uns. Jesus, das Kind ist das Licht der Welt. Licht ist für dich das Licht der Chanukka für uns ist es Advent.
 
(Der Jude legt ein Fernglas vor den Altar.Es ist das Symbol des Suchens und Wartens auf den Messias)
 
Foto und Text: Henning Leisterer