Hoffnung, Versöhnung und Vertrauen
Sternsingen
Marlon Brando, Brigitte Bardot, Liz Taylor und viele andere Filmstars und Sternchen flanierten in den 1960er Jahren durch das „Paris des Nahen Ostens“. Es war ein Jetset-Ziel mit einem Hauch von Luxus, unbeschwerter Lebensweise und den lauen Nächten an den Stränden des Mittelmeers. 1990 war dieses „Paris des Ostens“ eine Trümmerwüste, zerstört nach 15 Jahren Bürgerkrieg. De Rede ist von Beirut (im Libanon). Im Jahre 2006 erschütterte der sogenannte 33-Tage-Krieg das Land erneut und wieder mussten über 1000 libanesische Bürger diesen Wahnsinn mit ihrem Leben bezahlen. Über Krisen und Terroranschläge wird immer wieder in den Medien berichtet. Trotz aller Rückschläge versucht Beirut wieder ein „Paris des Nahen Ostens“ zu werden – wird Zerstörtes aufgebaut. Hoffnung. Ab 2015 nahm Libanon ca. 1,2 Millionen syrische Bürgerkriegsflüchtlinge auf. Was für ein Kraftakt für das kleine Land. Zum Vergleich: Auch Deutschland nahm ab 2015 ca. 1,2 Millionen Flüchtlinge auf. Während in Deutschland 232 Einwohner pro Quadratmeter leben, sind es im Libanon 583 Einwohner. Auf die Gesamtzahl der Bevölkerung gerechnet (Libanon 6 Millionen Einwohner, Deutschland 83 Millionen Einwohner) sind im Land der Zedern 20 Prozent der Einwohner Flüchtlinge, in Deutschland 1,4 Prozent. Das verdeutlicht den Kraftakt, den dieses Land leisten musste – welche Hilfsbereitschaft brachten die Menschen den Flüchtlingen entgegen. Inzwischen ist diese jedoch auch in Ablehnung umgeschlagen. Eine in St. Antonius integrierte syrische Familie berichtete davon, dass zum Beispiel Arbeit zunächst an Libanesen vergeben wird, bevor Syrer an die Reihe kommen. Flüchtlingslager platzen aus allen Nähten oder werden geschlossen. Wohin mit den Menschen?
„Frieden im Libanon und weltweit“ heißt das Motto der diesjährigen Sternsingeraktion. In seiner Predigt hob Pater Albert drei Worte hervor: Hoffnung, Versöhnung und Vertrauen. Gefördert werden dieses Jahr Projekte, die sich für das Miteinander von Moslems und Christen im Beispielland Libanon einsetzen. Mit Hilfe der Sternsinger hat die Adyan-Stiftung ein Bildungsprogramm erarbeitet, das für Weltoffenheit und gemeinsame Werte steht. Es geht um Freizeitprogramme für Kinder unterschiedlicher Herkunft. Denn, wie Pater Albert gesagt hat: Hoffnung – für ein Land, das nach einem eigenen Krieg viel geleistet hat und nun an seine Grenzen stößt, Versöhnung unter Moslems und Christen, Einwanderern und Bevölkerung, die auf engstem Raum leben und Vertrauen in eine gute Zukunft, besonders im Nahen Osten, dem großen Pulverfass seit Jahrzehnten – dafür setzen sich die Sternsinger ein und sammeln. Mit ihren bunten Königsgewändern ziehen sie von Haus zu Haus und bringen den Segen in die Wohnungen – in 5 Gruppen. Dabei besuchen die Sternsinger 65 Wohnungen und spontan weitere, wenn Nachbarn dies wünschen. (Allein die Sternsingergruppe die unseren Haushalt besucht und die Runde erst begonnen hat, kam schon mit 20 Minuten Verspätung, weil Nachbarn spontan den Segen der Kinder wünschten.) Und so bringen die Sternsinger der Gemeinde St. Antonius und auch der anderen Gemeinden unserer Pfarrei „Heilige Mutter Teresa Chemnitz“ den Segen und sind Segen: für die Hausbewohner aber auch für die Menschen eines geschundenen Landes, mitten in einer Wirtschaftskrise, dass über 20 Prozent syrische Flüchtlinge aufgenommen hat.
Das „Paris des Nahen Ostens“: der Jetset aus den 60er Jahren ist längst weiter gezogen in andere Städte, die für sorgloses Leben stehen. Für die Menschen, die sich Sorglosigkeit nicht erkaufen können, helfen die Sternsinger ein wenig durch ihre Sammlung und alle, die die goldenen Büchsen der Drei Könige gefüllt haben sowie – und das darf man nicht vergessen – die Organisatoren im Hintergrund, die seit Dezember Tourenpläne zusammengestellt, Listen geschrieben, Einladungen verteilt und die Kinder mit den bunten Umhängen, Kronen und Sternen erst zu Königen gemacht haben. Herzlichen Dank dafür.
Fotos: Nelly Hardt und HL, Text: HL