Die Bank-Krise
Mit der Hosentasche voller Geld, möchte ich zum Bäcker gehen. Wie immer schlendere ich durch den Park und muss mich etwas ausruhen. Doch heute wage ich meinen Augen nicht zu trauen. Die Bank vor mir ist zusammengebrochen. Das kann ich nicht glauben! Also setze ich mich auf die nächste. Kaum mache ich es mir dort gemütlich und brenne mein Pfeifchen an, plötzlich bricht auch diese Bank unter meinem Hintern zusammen. Mit der neuen Hose lande ich im tiefen Sumpf. Mein Geld in der Hosentasche verschwindet in Selbigem. „Das schadet gar nichts!" meckert ein altes, verwachsenes Mütterchen. „Wie kann man mit seinem Geld auch auf die Bank gehen. Ich habe es mein ganzes Leben lang unter dem Kopfkissen gehabt!" Ich werde rot. Mein Puls steigt. Unfreundlich entgegne ich: „Deshalb haben sie auch so einen schiefen Hals!" und greife in die leeren Hosentaschen. Kein Cent ist mehr darin. Alles liegt im Schlamm versackt. Dabei wollte ich heute Brötchen kaufen. Die werden zwar immer kleiner, aber wenigstens kann man sich nicht damit verspekulieren, ob uns Lebensmittel, Benzin, Heizöl, Busfahrscheine usw. bald wieder mit einer Preissteigerung erfreuen werden. Die ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Auf dem Weg nach Hause bekomme ich einen Schreck. Was passiert denn mit meiner Kollekte? Liegt sie auch auf einer zusammengebrochenen Bank? Schnell renne ich in die Kirche. Alle Bänke stehen noch. „Gott sei Dank!", denke ich. Auf die Kirchenbänke ist Verlass. Doch wo ist das Geld, das eigentlich auf dieser Bank liegen sollte? Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Hat denn etwa die Kirche auch ...? Ich meine, das ganze Geld auf die Bank geschafft, die gerade eben zusammengebrochen ist? Liegen nun die ganzen Euro- und Cent-Münzen aus der letzten Kollektesammlung, sowie die bei der Dankopfersammlung gleich mit entsorgten Öre aus dem Schwedenurlaub, die Stang aus Thailand, die Laari aus den Malediven, die restlichen Heller vom Zigarettenkauf in der Tschechischen Republik sowie meine gespendeten Hosenknöpfe auch im Sumpf begraben? Ich renne ins Pfarrbüro. Am Tisch sitzt die Pfarrsekretärin über Münzen gebeugt. Schlecht gelaunt versucht sie mit einer Lupe in der Hand die Herkunft der kollektierten Öre-, Heller-, Laari- und Stang-Münzen zu bestimmen. Ob ich ihr zum Geburtstag einen Atlas schenke? „Mensch Anton,wie verdreckt siehst du denn aus?", ruft sie mir entgegen. Bist wohl in den Sumpf gefallen? Ich bekomme Wut. Während die Welt mit ansehen muss, wie eine Bank nach der anderen zusammenbricht und die Amerikaner ihre kreditfinanzierten Holzbuden verlassen müssen, obwohl Hurrikan „Ike" sie gar nicht demoliert hat, sitzt sie im warmen Büro und macht sich über meine bank-krisen-geschüttelten Hosen lustig. Nebenbei zählt sie Geld und meckert über meinen Hosenknopf, den sie in der Kollekte gefunden hat. Dabei solle sie doch froh sein, dass jemand etwas wirklich Wertbeständiges in die innerkirchliche Sammlung legt, gerade in einer Zeit, wo das ganze Geld sich in Luft aufzulösen droht.
Doch ich lasse sie schimpfen. Ach, denke ich, die in der Kirche haben es wieder mal richtig gut. Alle Kirchen-Bänke stehen und das Geld ist auch noch nicht im Sumpf versackt. Gott sei Dank. Doch irgendwie habe ich immer noch Hunger. Und niemand hat an mich gedacht und ein Brötchen gespendet. Oder hat es die Frau im warmen Büro etwa selber gegessen, weil sie es nicht rollen konnte? „Nein", denke ich, so geht man nicht mit Spenden um.